19. Mai 2011

Pflegeheim

Darin wird meine Mom ab voraussichtlich nächsten Dienstag leben. So man ihren Zustand "Leben" nennen kann.

Es macht mich völlig fertig, dass sie, obwohl drei Kinder da sind, in ein Pflegeheim muss. Aber ich habe keine Ahnung, wie es sonst gehen sollte/könnte. Jeder von uns arbeitet - Vollzeit natürlich. Alles andere ist ja heutzutage kaum noch machbar. Und sie braucht eben "Rund-um-die-Uhr-Pflege".

Gestern waren wir im Krankenhaus, hatte zuerst ein Gespräch mit der Sozialarbeiterin, danach mit dem Arzt. Und wir "einigten" uns auf den Dienstag als Entlassungstermin - unter der Voraussetzung, dass es so bleibt - also keine weiteren Komplikationen auftreten. Ihre Bauchwunde verheilt jetzt sehr gut, da können wohl in Kürze die Klammern entfernt werden.

Nach wie vor hat sie Schwierigkeiten beim Schlucken - also beim Trinken genauer gesagt. Das führt sehr oft zu Hustenanfällen. Immerhin hat sie gestern ein paar mal getrunken, ohne sofort danach einen heftigen Hustenanfall zu bekommen.
Reden? Sie will - aber es ist ihr fast nicht möglich. Ab und an mal schafft sie es, ein Wort zu sprechen, das ich verstehe - oft mehr erahne als verstehe. Das ist so grauselich - sie will sich mitteilen - aber es geht nicht............ Dabei ist ihr Verstand klar!

Dass sie nächste Woche in ein Pflegeheim kommt, haben wir ihr noch gar nicht gesagt - ich will es selbst kaum glauben.
Immerhin - es ist nur ganz wenige Kilometer von ihrem Haus entfernt. Für mich persönlich nach wie vor eine relativ weite Strecke zu fahren. Meine beiden Brüder wohnen allerdings dann ziemlich nahe dran.

Wir haben dann gestern das Pflegeheim noch besucht/angeschaut. Hört sich eigentlich alles ganz gut an - und wie so oft im Leben stirbt die Hoffnung zuletzt. Ich hoffe immer noch, dass sie sie dort tatsächlich etwas mobilisieren können. Dass sie dort ein wenig mehr Ansprache/Unterhaltung als im Krankenhaus bekommt. Ich wäre ja schon dankbar, wenn sie mal wieder so weit wäre, dass sie einige Zeit im Rollstuhl verbringen könnte. Dass ich mal mit ihr an die frische Luft kann - oder vielleicht mal ein paar Stunden "nach Hause" - also in ihr zu Hause.

Das wären ja schon Welten besser als jetzt, wo sie quasi unbeweglich im Bett liegt und außer ein bisschen mit den Füßen wackeln (die sich zu meinem Entsetzten inzwischen schon zu regelrechten Spitzfüßen entwickelt haben) oder mit dem (rechten) Arm in der Gegend rumwedeln. Fährt man das Bett etwas hoch, dass sie in nahezu sitzender Position ist, rutsch sie meist nach kürzester Zeit auf die Seite und kann sich nicht mehr aufrichten.

Es ist ein Graus!!! Kein Mensch sollte das erleben müssen. Vor 3,5 Monaten war sie noch ein relativ gesunder, alleinlebender Mensch, der am Leben teilhatte. Und nun ein Wrack. Ein Häufchen Elend!

Ich weiß nicht, wie viele Tränen ich inzwischen geweint habe - ich dachte immer, so schlimm wie damals, als mein erster Mann starb - käme es nie wieder. Tja - falsch gedacht. Der musste damals immerhin nicht monatelang leiden bis er starb.

Und ich finde es zur Zeit auch nicht tröstlich, dass man nie mehr "bekommt", als man ertragen kann. Ich habe so oft das Gefühl, es nicht mehr ertragen zu können. Dass mir der Schmerz die Luft zum Atmen raubt............. und der Gedanke, dass sich meine Mutter noch tausendmal elender fühlen muss als ich - dieser Gedanke macht es nicht besser. Kein bisschen!

Ich möchte schreien und toben - ich habe schon geschrieen und getobt - aber das ändert nichts! Die Situation wird nicht besser - und ich fühle mich dann auch nicht besser - allenfalls ausgelaugter. Und vor allem meine Mutter fühlt sich dadurch nicht besser!

Auch dass ich es hier niederschreibe - es hilft nicht wirklich. Trotzdem - das musste jetzt mal sein.

15 Kommentare:

  1. Es ist schlimm, wenn man einen lieben Menschen ins Plegeheim geben muss. Aber oftmals geht es einfach nicht anders.Ich habe gerade gestern über die Grünen Damen gepostet. Vielleicht sind solche auch in dem Plegeheim.
    Liebe Grüße - ich kann Dich verstehen -
    Irmi

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  2. das tut mir alles so sehr leid. Ich verstehe deinen Schmerz, deine Wut, Helfen wollen und nicht können.
    Ich hoffe mit dir, dass sie es im Pflegeheim schön hat. Denk immer daran, dort sind Fachleute die deiner Mutter Pflege angedeihen können, die man zuhause niemals geben kann. Ich wünsche euch sehr, dass deine Mutter wieder ein einigermassen lebenswertes Leben erlangen kann.
    Ich bin dankbar, dass meine Mutter einfach einschlafen konnte, aber bei meinem Vater hab ich das ja auch erlebt. Er war so selbstständig, hat den ganzen Haushalt geführt, bis er Sauerstoff-Flaschen zum Atmen brauchte. Anfangs noch sehr mobil, auch mit den Flaschen, gings dann aber doch schnell bergab, er kam auch ins Pflegeheim, und dann kam die Demenz dazu....
    Ja wir können nur hoffen, dass wir selber einmal einen humanes Leben im Alter leben dürfen, wenn es dann mal soweit ist.
    Ich drücke meine Daumen, dass es deiner Mutter bald besser geht und sie wieder mit dir sprechen kann.
    Herzliche Grüsse, Alice

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  3. Ich kann nicht sagen "Ich weiß wie du dich fühlst." denn wissen kannst du es nur selber, aber ich ahne es und alle Worte der Welt können dir nur minimal helfen, leider, dennoch, ich schicke dir Kraft, falls das geht.

    Bei mir im Leben ist es auch oft so gewesen (leider weiß ich das es auch noch oft so sein wird) das ich mehr zugemutet bekam, als ich tragen konnte, dennoch ging es immer irgendwie weiter, egal wie schrecklich es ist, es geht immer irgendwie weiter, man überlebt auch immer, manchmal fehlt von einem ein Stück danach das zu bruch ging, aber es geht immer weiter und weiter, selbst der Gedanke ist manchmal nicht tröstlich und man sitzt da und denkt sich "Kann jemand mal bitte die Welt anhalten?" aber nein, das Leben geht weiter...

    Ich hoffe das es deiner Mutter bald besser geht und sie nicht abstumpft, sondern fideler wird und das das Heim gut ist und sie fordert und fördert, ich hoffe es wirklich für dich und deine Familie, ich denke an euch!

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  4. Wie gern würde ich jetzt die richtigen Worte für dich finden! Es tut mir so leid wie sich alles entwickelt hat und kann genau verstehen wie schlecht du dich fühlst. Das einzige was ich tun kann - ist mit dir zu hoffen das es besser wird.
    Ich wünsche euch allen Kraft und die Hilfe die ihr braucht um diese schwere Zeit durchzustehen. alles, alles Gute für deine Mutter!
    Stevie

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  5. Puh, ich kenne den Spruch nicht mit dem "bekommen" und ertragen und ehrlich gesagt finde ich ihn ziemlich daneben.

    Aber du solltest dir kein schlechtes Gewissen machen wegen des Pflegeheims. Sie ist dort sicherlich gut aufgehoben und wird so umsorgt, wie ihr es nicht könntet. Und wenn ihr es machen würdet, dann geht es sicherlich auch an eure Gesundheit.

    Ich drücke ganz doll die Daumen, dass sich ihr Zustand sehr verbessert. Das alles liest sich schon so schwer, wie muss das erst für alle Beteiligten sein.

    LG
    Susanne

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  6. Ich mag ja gar nicht fragen, aber was war denn mit deinem ersten Mann? Wenn du nicht anwortest, ist auch ok.

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  7. Danke euch allen für den lieben Zuspruch - es ist schön zu sehen, dass so viele "mitfühlen" in einer so oft kalten Welt......

    Den "Spruch" sagte oft meine Oma früher - "der liebe Herrgott schickt dir nicht mehr, als du tragen kannst" und sollte wohl trösten, bzw. die Kraft geben, dass man es tragen kann - was auch immer passiert.
    Und ein Stück weit, ist es ja auch so - entweder man trägt es und lebt weiter - oder man gibt den Feigling und bringt sich um (sorry wenn das ein bissel hart klingt - aber mehr Alternativen hat man manchmal einfach nicht).

    Mein erster Mann trat im Wald in ein Erdwespennest als er Holz für den Winter machte. Durch die vielen Wespenstiche erlitt er einen anaphylaktischen Schock und verstarb nach 5 Tagen (Reanimation, künstliches Koma, Ausschleichung der Medis, trotzdem Koma aus dem es kein Erwachen mehr gab).
    Da war er 3 Wochen jünger als 23 Jahre - ich war damals knapp 26 und wir hatten ein fast 7 Monate altes Baby.............

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  8. Ja, der Spruch ist wohl dazu gedacht. Man soll ja auch den Sinn in jeder Sache sehen, aber man tut sich eben schwer.

    Und wenn ich dann das von deinem Mann lese, dann denk ich wieder, du hast deine Grenze doch schon erreicht und es reicht doch wohl. Aber wir können es leider nicht beeinflussen und man weiss ja nie, was das Leben noch für einen bereit hält. (Ist auch besser so, sonst würde man wahrscheinlich stumpf bekloppt werden).

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  9. Ja Susi, wüsste man so manche Dinge im Voraus, gäbe es vermutlich mehr von der Kategorie "Feigling"......... drüber nachgedacht hab ich auch schon gelegentlich in meinem Leben - aber naja - das wäre eben feige............ und die meiste Zeit ist das Leben ja schön. Wenn nicht nur immer wieder solche extremen Hämmer dazwischen wären.

    Die "normalen" schlimmen Sachen sind ja schon genug. Vor 2 Jahren ist mein Paps gestorben - er war auch bettlägerig, aber wenigstens konnte er reden, telefonieren, fernsehen und so. Auch wenn dieses Jahr nicht einfach war, vor allem nicht für meine Mom, die ihn gepflegt hat. Aber eben keine x Operationen und Schmerzen und 4 Monate Krankenhaus. Und er war zu Hause........... das hat sich meine Mutter bestimmt auch nicht gewünscht - irgendwann mal in einem Pflegeheim abzutreten.......

    Mist - ich flenne grade schon wieder.............

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  10. In dieser Situation jetzt die richtigen Worte zu finden ist schwer. Die Gewissheit das Deine Mutter völlig klar ist, sich aber nicht mitteilen kann, das ist so absolut furchtbar und niemandem zu wünschen. Ich drücke so fest die Daumen, dass sie sich bald wieder mitteilen kann.

    Das Du so oft weinst, ist besser, als wenn Du es Dir verkneifst.
    Mir geht es im Moment auch so, was meinen Bruder betrifft. Und ich fühle mich so hilflos, weil keiner ihm helfen kann. Und die Ärzte ihm nicht mehr viel Zeit zum Leben geben.
    Aber ich muß Dich jetzt nicht mit meinen Sorgen und Ängsten belasten.
    Hier geht es um Dich und Deine Mom.

    Ich schicke Dir ganz viel Kraft, und gib die Hoffnung nicht auf. Es wird sicher wieder bergauf gehen.

    Viele Grüße
    Silke

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  11. Liebste Birgit,

    es ist einfach nur Furchtbar was Ihr und Deine Mutter durchmachen müsst. Es tut mir so unendlich Leid, dass alles so gekommen ist. Ich hatte immer die Hoffnung es geh ihr bald wieder besser. Ich hoffe sehr dass sich ihr Körper jetzt, nachdem auch die OP-Wunde heilt, wieder ein wenig erholen kann. Es ist ja schon enorm, was ihr Körper in der letzten Zeit aushalten musste.
    Ich wünsche Dir und Deiner Mutter viel Kraft
    LG Silke *fühldichfestgedrückt*

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  12. Hey,
    das tut mir schrecklich Leid für dich.

    Rund-um-die Uhr-Pflege ist auch nicht machbar, wenn man zu Hause ist.
    Da steckt so viel Facharbeit hinter, dem wird man alleine nicht gerecht.

    Und was auch körperlich nicht mehr möglich ist, seelisch ist sie anwesend.
    Und sie wird eure Bemühungen und eure Liebe spüren.
    Das ist für SIE wichtig!

    Ich sende dir einen ganz, ganz lieben Gruß,

    Judith

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  13. Auch wenn brüllen und toben nicht wirklich hilft, lass es raus. Es erleichtert ein wenig. Ich habe auch schon Angehörige im Pflegeheim gehabt und wünsche dir, dass sich deine Erwartungen an das Heim erfüllen.
    Liebe Grüße

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  14. Kurz und knapp ist es das was es ist: Scheisse! Ich weiss, so was sagt und schreibt man nicht, aber ist eben so.

    Es ist gut, dass wir alle nicht wissen, was das Leben noch alles für uns bereit hält. Schlimm ist es, einen geliebten Menschen so zu sehen und genau zu wissen, dass man selbst nicht helfen kann, auch wenn man das noch so gerne möchte.

    Ich wünsche Dir Kraft für diese Zeit.

    LG Manuela

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  15. Es tut mir so unendlich leid...

    Nichts kann dir deinen Kummer nehmen, aber trotzdem wollte ich wenigstens sagen, dass ich weiterhin ganz feste an dich und deine Ma denke!

    Gruß Kaddi

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